Heimatverein
Spalter-Land e.V.
Aus dem Leben des Otto Windisch
*28.12.1889 †15.9.1958.
Ein Pappkarton, gefüllt mit vergilbten Schriftstücken, schon für das Altpapier bereitgestellt, wo kämen wir denn hin, wenn wir alles aufheben würden! Bei näherem Hinsehen entdecken wir (JG und RR) einen Geburtsschein, einen handgeschriebenen Lebenslauf, alte Rechnungen von Spalter Geschäftsleuten und andere Dokumente, die über das Leben von Otto Windisch erzählen.
Hier ein kleiner Auszug:
Zum Lebenslauf
Otto Windisch schreibt den Lebenslauf für seine Nachkommen, denn 1927 ist es schon selbstständiger Meister.
Der Lebenslauf für »moderne« Menschen lesbar:
Lebenslauf
Am 28.12.1889 zu Nürnberg (Seeleinsbühl) als Sohn der Hafnereheleute Jsidor und Katha. Windisch (geb. Vorburgg) besuchte ich die Volksschule in Nürnberg und Fürth. Nach der Entlassung aus der selben erlernte ich die Hafnerei und zwar zuerst bei meinem Vater. Hernach und zwar am 2. Juni 1904 kam ich zu Herrn Hafnermeister Konrad Sperr in Fürth, Geleitsgasse 3, in die Lehre. Wo ich noch vom 1.1.1907 bis zum 1.11.1907 als Gehilfe tätig war. Von dieser Zeit bis zu meiner aktiven Militärdienstpflicht war ich bei Herrn Hans Weber Hafnermeister in Nbg. Johannisstraße 85 als Gehilfe. Am 22. Okt. 1910 rückte ich zum 13. Inf. Regiment (Ingolstadt) ein. Nach der Entlassung vom Militär am 22. Sep. 1912 bis zum Ausbruch des Weltkrieges war ich bei Herrn Wejermann Hafnermeister in Fach bei Fürth als Gehilfe tätig.
Am 4. Aug 1914 (dritter Mobilmachungstag) rückte ich zum 21. Inf. Regt ein und zog mit diesem Regiment am 8. Aug. ins Feld, wo ich alle großen Schlachten des Bewegungs- und Stellungskrieges mitmachte. Am 20. August 14 die Schlacht in Lothringen, 25.8. bei Serre, vom 28.8.14 ab in die Ardennen. Am 10.10.14 wurde ich beim Sturm des Werkes Bois Brûlé durch rechten Oberarm- und Lungenschuß schwer verwundet. Nach Heilung der Verwundung zum Unteroffizier befördert meldete ich mich am 18.5.15 zum 23. RIR. ins Feld. In der Schlacht an der Somme wurde ich am 23. Juli 16 durch Trommelfeuer der großen Geschütze und schweren Minen in den Stellungen in Estrées mit gesamter Gruppenmannschaft verschüttet. Durch Nachbarsgruppen geborgen und nach Heilung der schweren inneren- und äußerlicher Verwundungen (Nieren- und Muskelquetschungen) wurde ich 1918 als DU (dienstunfähig) entlassen.
Durch die im Felde erlittenen Verletzungen war es mir nicht mehr möglich in fremde Arbeit zu treten. Ich war gezwungen mich selbstständig zu machen. So ließ ich mich im Jahre 1921 in Spalt nieder. Seit dieser Zeit betreibe ich mein Geschäft hier selbstständig. Verheiratet bin ich seit dem 6. Mai 1922, der Ehe entsprossen drei Kinder.
Im Jahre 1926 war ich am Landgericht als Schöffe tätig. Strafen hatte ich weder im Zivilleben noch während meiner gesamten Militärzeit erhalten.
Eigenhändig geschrieben,
Spalt, den 21. April 1927
Otto Windisch
Anmerkungen zum Leben
Ein Grund sich ausgerechnet in Spalt niederzulassen dürfte die Beziehung zu seiner späteren Frau Franziska Seitz (*8.8.1898 †17.1.1985) gewesen sein. Die nebenbei betriebene kleine Landwirtschaft half der Familie leichter über die Hungerjahre nach dem ersten Weltkrieg.
Otto Windischs erstes Kind, ein Sohn, verstarb schon im Kleinkindalter. 1923 wurde die Tochter Luise und 1925 die Tochter Anna geboren. Verantwortung übernahm Windisch, als er seine voreheliche Tochter Betti (*12.2.1919 †3.2.2002 - verheiratete Jessberger) aus Nürnberg zu sich nach Spalt holte, wo sie in seiner Familie aufwuchs.
Unter den gefundenen Dokumenten befindet sich auch das Zeugnis, das ihm der Hafnermeister Hans Weber (siehe Lebenslauf) ausstellte. Das Zeugnis wurde erst elf Jahre später, am 18. Oktober 1921 ausgestellt. Und zwar zu der Zeit, in der Otto Windisch nach Spalt zog. (Merkwürdig ist, dass das Datum der Einstellung im Zeugnis nicht mit dem Datum im Lebenslauf übereinstimmt.)
Otto Windisch hatte zunächst weder eine Gesellen- noch eine Meisterprüfung. Die Handwerkskammer Mittelfranken gestattete ihm, beide Prüfungen zusammen abzulegen:
Seine reiche Beruferfahrung machte ihn in Spalt zu einem angesehenen Handwerksmeister. Er achtete stets darauf, seinen Kunden Qualität zu liefern.
Ein Kostenvoranschlag gibt Auskunft über einen geschäftlichen Vorgang:
Spalt, den 7. Juli 1927
Kostenvoranschlag für den Kochherd im Schulhaus zu Obersteinbach.
1) Der alte Herd ist für die Lehrerwohnung im Ausmaß viel zu groß geraten (Bauernherd) eine Umarbeitung und Neuanschaffung der zu großen Platte käme fast so hoch wie ein neuer Herd. Ich schlage vor den alten Herd in der Gemeinde zu versteigern. Wert ungefähr 40-50 Mark.
2) Ein neuer Herd mit schwarzem Gestell, schwarzer Rahmen, silbergraue Kacheln, Stange vern. weiße Rückwandfliesen Preis 150 Mark
3) Ein neuer Herd mit vernickeltem Gestell u. geschliffenem Rahmen, weiße Emailleeinlagen in Heiztüren u Backröhre, weiße Schmelzkacheln, Nickelstange vorne, weiße Fliesenrückwand mit Nickelstangen, Ausmauerung der Kohlwände u. Feuerraum mit Schamotte. Qualitätsarbeit.
Preis 200 Mark
Achtungsvoll
Otto Windisch Hafnermeister
Spalt 356
Der Bürgermeister Stengel antwortet auf der Rückseite:
... Zurück mit dem Vermerke, dass ihr alter Herd ihnen schließlich gelegentlich abgenommen werden kann und somit gleich die Anschaffung eines Neuen sich empfiehlt.
Herkömmliche Rücksprache nehme ich gerne entgegen.
Sollten Sie jedoch den alten zum Preis nach Ihrem Wertansatz entgegen nehmen, so erübrigt sich jede weiter Verhandlung. Sie können einen neuen Herd aufstellen.
Mit Gruß
Stengel ...
(Anmerkung der »Entzifferer«: Auf Grund der eigenwillgen Schrift des Bürgermeisters ist die Entzifferung etwas unsicher.)
Die folgende Karte des Landbauamtes in Nürnberg gibt Auskunft über eine Arbeit im Pfarrhaus von Spalt:
Zu beachten ist die geforderte Garantiezeit von immerhin 9 Monaten!
Otto Windisch arbeitete 1932 mit am Neubau der Stadtbrauerei Spalt. Eine Lohnabrechnung gibt darüber Auskunft. Man beachte den Stundenlohn des Hafnermeisters.
Eine Rechnung von Ludwig Straulino an Otto Windisch zeigt, wie teuer in Relation zum Stundenlohn ein Liter Benzin war: ein Liter kostete 40 Pfennige, er musste also für einen Liter Benzin eine halbe Stunde arbeiten.
Der überaus reiche Schatz an Dokumenten kann leider nicht vollständig dargestellt werden, da sonst der Leser zeitlich überfordert wäre...
Deshalb brechen wir (JG und RR) an dieser Stelle ab.